Die Bewohner von Hepberg, Lenting und Wettstetten verfielen vor geraumer Zeit auf den Einfall, sich in einem friedlichen Wettstreit zu messen, um solcherweise festzustellen, in welchem der drei Orte die geschicktesten Leute wohnen. Der Gedanke löste allgemeine Begeisterung aus.
Bürgermeister, Räte und besonders die Bauern sannen und grübelten, und schließlich meinte jemand, ob man statt der Männer nicht einmal die Frauen oder Mädchen miteinander in Wettstreit treten lassen könnte, dergestalt etwa, daß man ermittelte, welcher Ort die flinkeste und tüchtigste Melkerin aufweise. Der Vorschlag erweckte freudigen Widerhall.
Drei Mädchen, aus Hepberg, aus Wettstetten und aus Lenting, sollten vor drei gleich große Kühe gesetzt werden, jedes mit der gleichen "Göltn" - so heißen dortzulande die Melkgefäße - zwischen den Knien, und diejenige, die ihr Gefäß am schnellsten füllte, hatte den Sieg für ihre Ortschaft errungen.
Am Samstag darauf ging der Wettbewerb vor sich. Man hatte die Tiere aufs prächtigste aufgeputzt, und ihr Anblick allein reichte hin, um die kreisum versammelte Bevölkerung der drei Ortschaften in ein lautes Jauchzen ausbrechen zu lassen. Der Jubel steigerte sich zu wahren Beifallsstürmen, als die Melkerinnen erschienen; junge, anmutige Bauerntöchter, noch lieblicher aufgeputzt als die Kühe, an denen sie nun ihre Kunst zeigten.
Begreiflicherweise hatte jeder Ort nicht nur seine tüchtigste, sondern auch seine hübscheste Tochter entsandt. Der Bürgermeister von Hepberg steckte zwei Finger in den Mund und ließ einen gellenden Pfiff hören, das war das Zeichen zum Start.
In atemloser Spannung verharrte die fast tausendköpfige Menge ringsum, keinen Blick von den Mädchen wendend, die, ihre Stirnen in den Flanken der Kühe gedrückt, nun fest drauflos melkten, daß die Milch nur so spritzte. Minute um Minute verstrich. Die Hände der Mädchen erlahmten nicht, sie griffen immer noch flinker und zielsicherer zu, und von einem erhöhten. Die Vertreterin von Hepberg, ein frisches blondhaariges Ding, sprang schließlich auf, mit glückgeröteten Wangen, die randvolle Göltn emporhaltend. Die Hepberger brachen in ein so lärmendes Siegesgeschrei aus, daß die Hühner auf den nahen Feldern erschrocken das Weite suchten. Die von Lenting und Wettstetten machten erst lange Gesichter, dann aber beteiligten sie sich an dem Beifall für die hübsche Siegerin, die inzwischen das Gefäß wieder neben die Kuh gestellt hatte, um die Glückwünsche der drei Bürgermeister entgegenzunehmen. Gerade in diesem erhebenden Augenblick passierte der Kuh etwas Unpassendes, und weil das Melkgefäß so ungünstig dastand, wurde es erheblich in Mitleidenschaft gezogen.Da gab es ein großes Gelächter, und die von Lenting und Wettstetten schrien: "Ja, wenn man eine geschmierte Göltn hat, kann man leicht gewinnen!" Das war natürlich der reine Neid, weil das Mädchen aus Hepberg gewonnen hatte. Den Hepbergern ist der Spitzname "Göltnschmierer" geblieben, aber genau genommen ist das kein Schimpf, sondern eine ehrenvolle Erinnerung an den Tag, an dem eine der ihren in dem großen Wettstreit der drei Orte einen stolzen Sieg davongetragen hat!